Sport :Mein persönlicher Gamechanger

Als Kind und Jugendliche durfte ich aufgrund meiner Seh- und Atemwegsbeeinträchtigung keinen Sport machen. Erst mit fast 30 habe ich mich dann in einem Kölner Fitnessstudio angemeldet. Nicht nur meine Physis, auch mein Leben hat sich damit schlagartig zum Besseren verändert.

Tanzkurse und Heimtrainer – das war das Einzige an Sport, was ich während meiner Jugend und meines Studiums gemacht habe. Vom Schulsport war ich befreit (Ballsportarten mit Sehbeeinträchtigung waren viel zu gefährlich). Zudem habe ich aufgrund eines früheren Luftröhrenschnitts eine Atemwegseinschränkung, war also während meiner Wachstumsphase nicht sehr belastbar. Die Folge: Teilnahme an Schulausflügen ins Spaßbad, Bergtouren oder an den Bundesjugendspielen waren für mich tabu, was mich teils einsam und traurig gemacht hat. Zu groß war die Angst meiner Eltern, ich könne mich verletzen – aus ihrer Sicht heute nachvollziehbar, weil meine schwere Erkrankung mit fünf Jahren sie natürlich sehr vorsichtig gemacht hat. Als Kind und vor allem als Jugendliche sieht man das natürlich anders.

Diese Entscheidung hat mein Leben verändert

Ich bin zugegebenermaßen sehr spät zu Hause ausgezogen, weil die Möglichkeiten zur Eigenfinanzierung zu meiner Studienzeit für Menschen mit Beeinträchtigung noch sehr mies waren. Als ich dann Ende 2006 für einen Job beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk nach Köln gezogen bin, habe ich mich im Fitnessstudio angemeldet – und diese Entscheidung hat mein Leben verändert!

Bei der Anmeldung dachte ich noch: Naja, Gerätetraining wird ja wohl gehen, Laufband, Stepper. Das wurde mir aber schnell langweilig und ich sah immer zu, wie die Mädels in die Kurse strömten. Irgendwann habe ich Mut gefasst, bin zur Trainerin gegangen und habe gefragt, ob ich mitmachen kann und habe ihr meine Situation erklärt. Sie sagte: Klar, mach mich, wenn es nicht funktioniert, gehst du halt wieder raus.

Und es hat geklappt – erst mit Rückenkursen, im Laufe der Jahre habe ich mich mit dem Support unterschiedlicher Trainerinnen über Yoga, Fitness und Zumba bis zum Fitnessboxen hcohgeschwitzt.

Fitness: Nicht nur gut für die ist gut für die Inklusion

Neben der sich ständig verbessernden Fitness, hat der Sport bei mir aber vor allem eines bewirkt: Selbstvertrauen. Neben den bis heute bestehenden Freundschaften, die sich über die Jahre durch das gemeinsame Training ergeben haben, hat mir die Bewegung und vor allem der Kontakt mit anderen Kursteilnehmerinnen und den Trainerinnen viel Bestätigung gegeben – und zugleich auch bewirkt, dass meine Mitsportlerinnen und Trainierinnen im direkten Kontakt die Möglichkeit hatten, offen und ungezwungen mich und meine Beeinträchtigung kennenzulernen. Beim Zumba und Fitnessboxen hatte ich zum Beispiel immer Mädels, die sich netterweise direkt vor mich gestellt haben, damit ich die Bewegung aus nächster Nähe bei ihnen abgucken konnte.

Das war und ist super! So bin ich in kürzester Zeit vom Couchpotatoe zur Fitnessqueen geworden und kann mir heute ein Leben ohne Sport gar nicht mehr vorstellen.

Kommunikation ist das A und O – auch im Gym

Wichtig war damals – und auch heute „nach Corona“ als ich mich in einem neuen Studio angemeldet habe, sowohl den Trainerinnen als auch den Mitsportelnden offen zu kommunizieren, was ich brauche, welche Ansagen, von wo ich am besten die Bewegungen sehen kann, Lichtverhältnisse, Unterstützung bei den Trainingsutensilien….

Klar gibt es auch immer wieder Kurse, an denen ich scheitere, Tai Chi ist zum Beispiel gar nicht meins oder Kurse mit Stepper. Bei dem einen Kurs wird nicht gerdet, beim anderen stolpere ich über den Stepper. Aber hey, das ist okay, gibt ja genug Auswahl.

Ich habe mich damals bewusst gegen eine Behinderten-Sportgruppe entschieden. Denn ich denke, Inklusion funktioniert nur über Begegnungen und am besten über niedrigschwellige Kontaktmöglichkeiten. Und dafür sind Sportvereine und Fitnessstudios der beste Ort. Denn da kämpfen wir alle gemeinsam: gegen den eigenen Schweinehund, gegen mögliche Schranken im Kopf, gegen die Kalorientierchen im Schrank und vor allem für eines: dass WIR es geschafft haben, uns von der Couch aufzuraffen und dabei verdammt viel Spaß haben! Ob klein, groß, dick, dünn, jung, alt, blind, auf Rädern, auf Krücken. Egal! Tschaka! 😊

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Bildquellen

  • SymbolbildSport: Saskia von der Burg

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