Alle reden von der Spaltung der Gesellschaft. Wie kann man dem entgegenwirken? Indem man Menschen zusammenbringt und Räume für einen offenen Austausch schafft. Denn nur so können Vorurteile abgebaut und Ängste beseitigt werden. Dass das funktioniert, konnten die ehrenamtlichen Führungskräfte der Gruppe der jüngeren Generation im Rahmen meines Workshops zum Thema „Sehbehinderungen“ bei der zweitägigen Info-Veranstaltung des Sozialverbands VdK NRW in Bad Fredeburg im wahrsten Sinne mit allen Sinnen erleben.
„Ich bin geschockt darüber, dass man dir solche Fragen stellt!“, „Es ist wirklich gut, auch mal die andere Seite zu hören, weil es viel zu wenig Begegnungsmöglichkeiten gibt!“, „Ich habe viel Neues gelernt!“, „Das war eine ganz neue Erfahrung!“: Nur einige Rückmeldungen, die ich im Anschluss an meinen vierstündigen Workshop am 17. Februar 2024 erhalten habe. Ziel des Workshops war es, ein Bewusstsein für die Lebens- und Arbeitswelt sehbeeinträchtigter und blinder Menschen zu ermöglichen.
Augen zu und durch: Auf einmal blind
Mit Augenmaske und Blindenstock – oder führender Begleitperson bewaffnet, hatten die Teilnehmenden die Chance, das VdK-Erholungshotel in Bad Fredeburg und dessen Außenbereich einmal ganz anders kennenzulernen: sich auf die übrigen Sinne und auf eine andere Person zu verlassen – das ist schon eine Herausforderung! Kleingeld zu unterscheiden, wenn der Sehsinn fehlt oder zu ertasten, wie sich Blindenschrift anfühlt, war für viele Anwesende eine neue Erfahrung, die zu regem Austausch führte.
Vorurteile: Was sprachlos macht
„“Haben Sie denn auch einen behinderten Partner?“, „Haben Sie das schon immer?“, „Behinderte Menschen stelle ich nicht ein, die werde ich nie wieder los!“: Im Rahmen einer Gruppenarbeit habe ich die teilnehmenden Personen mit Aussagen und Vorurteilen konfrontiert, die mir als (fast) blinde Person tagtäglich begegnen. Das Ergebnis: Sprachlosigkeit, Wut, Fassungslosigkeit, aber auch kreative Ideen, wie man solchen Übergriffigkeiten begegnen kann. Denn einfach nur schnippisch oder gar aggressiv zu reagieren oder die eigene Verletztheit wegzulächeln und dabei die eigenen Grenzen zu überschreiten, ist keine Lösung.
Keine Scheu: Einfach machen
Auch für mich war es ein toller Workshop, denn während sich Erwachsene oft zieren, ihre Komfortzone zu verlassen und den Blindenstock in die Hand zu nehmen – man könnte ja fallen oder von anderen dumm angeguckt werden, die nicht zur Gruppe gehören – war die Gruppe an ehrenamtlichen Führungskräften der jüngeren Generation des VdK NRW total wissbegierig, Neues auszuprobieren und sich gemeinsam auf das „Abenteuer“ einzulassen.
Neben einem konstruktiven Austausch, Gruppenarbeiten und Denkanstößen, wie Inklusion besser gelingen kann, hatten wir an diesem Tag vor allem eines: viel Spaß. Ein Teilnehmer hat mir dabei ein sehr schönes Abschlusskompliment gemacht: „Ich fand den Workshop gut, weil du du bist.“ Damit hat er einen Teil meiner Arbeit gut auf den Punkt gebracht: Menschen durch Authentizität überzeugen und offen sein für das Gegenüber. Denn nur so haben wir die Chance, einander kennen- und verstehen zu lernen. Danke nochmal an diese tolle Gruppe und an Jennifer Kolb, Bildungsreferentin Sozialverband VdK NRW e.V., die den Workshop so zusammenfasst:
„Noch nie gab es bei einer unserer Tagungen so viel Bewegung und Möglichkeiten auszuprobieren, Saskia hat die Ehrenamtlichen authentisch durch die Veranstaltung geführt.“
Bildquellen
- Gruppenfoto ehrenamtl. Führungskräfte VdK NRW Jüngere Generation: Saskia von der Burg